EIN DRITTER ORT FÜR NEU-ISENBURG
- Auftraggeberin
- Magistrat der Stadt Neu-Isenburg
- Wettbewerb
- Anerkennung
- Leistungszeitraum
- 2024
- BGF
- 15.626 qm
- Verantwortliche Planende
- Architektur: Meurer Generalplaner GmbH, Frankfurt am Main,
- Landschaftsarchitektur: BIERBAUM.AICHELE.landschaftsarchitekten, Mainz
NIH - Umbau der Hugenottenhalle und Stadtbibliothek zu einem ‘Dritten Ort‘
Neu-Isenburg, Frankfurter Straße 152
Das Grid, ein vielfältiges Merkmal auch der hugenottischen Siedlungen, wird zum neuen Signé und zum räumlichen Konzept des Gebäudes. Tragwerk und Raumkonzept zugleich, ordnet es sämtliche Bereiche. Die Stützenstruktur des Gebäudes ist ein „Ermöglicher“, insofern es in der Ausbildung der Räume nahezu unbegrenzte Freiheit lässt. Lediglich limitiert durch die Erfordernisse des vorbeugenden Brandschutzes, bedeutet die Trennung von Tragwerk und Ausbau die maximale konzeptionelle Freiheit und Offenheit des Grundrisses.
Das „open house“ soll über seine transparente Hülle eine Einladung an die Besucher aussprechen, die dann im Inneren über einen maximal offenen und gestaltbaren Grundriss mit variantenreicher Möblierung ergänzt wird. Dabei gehen die verschiedenen Nutzungsbereiche ineinander über, bilden keine harten Grenzen sondern laden zum Erkunden ein.
Ein Ort im Wandel der Zeit
Die in die Jahre gekommene Hugenottenhalle wandelt sich. Mit Respekt vor dem Bestehenden entsteht durch konsequente Eingriffe ein bürgeroffener Ort der Mitte. Dabei ist die Grundstruktur des Bestands – sein tragendes Grid (Raster) – die Basis des räumlichen Konzepts, welches auf Transparenz, Offenheit und Wandelbarkeit angelegt ist. Ziel ist die Schaffung eines aneigenbaren Gebäudes mit „geringer Schwelle“. Ein Gebäude, welches Interpretationen durch seine Benutzer zulässt und Umbauten im Laufe seines Lebenszyklus nicht als Problem, sondern als inhärentes Konzept ermöglicht.
Ein Städtischer Dachgarten
Gemäß der von dem stadtsoziologischen Konzept des US amerikanischen Soziologe Ray Oldenburg geprägten Bezeichnung eines "Dritten Ortes", wurde angestrebt einen solchen sozialen Interaktionsort zu schaffen welcher sich jedoch hier über drei Orte hinweg erstreckt: Dem Vorplatz - Dem Rosenaupark - Dem Dachgarten.
Der multifunktionale Ort
Die Idee ist, die Stadtebene durch eine weitere Ebene zu erweitern und einen „Besonderen Ort“ zu schaffen, den Neu-Isenburg so noch nicht hat
Das Konzept reflektiert neben den sozialen Anforderungen an den urbanen Raum, die aktuellen Erkenntnisse deren Maßnahmen und der daraus resultierenden Planungsmethodik aus Natur- und Umwelt bezogen auf den heutigen Stadtraum.
Die Fläche auf dem Haus wird als multifunktionaler Aufenthaltsort konzipiert. Er ist über die zentrale Erschließung des Gebäudes kontrolliert zugänglich.
Weiterbauen
Der Dachgarten wird als Erweiterung der Stadtebene betrachtet. Aus dem "Grid" der Fassade entsteht ein Flächenraster, das sich in seiner funktionalen Nutzung auch auf den Dachflächen wiederfindet.
So grenzen bspw. Lounges an generationsübergreifender Sport- und Fitnessbereiche. Diese wiederum grenzen bspw. an die "Gärten der Kinder" usw. So lassen sich die wandel- und veränderbaren Nutzungs- und Erlebniszonen additiv ergänzen. Die Flächen sind somit in ihrer Nutzung ambivalent und jederzeit anders zu belegen.
Das Grid weiterbauen
Gerahmt wird die Ebene des Dachgartens durch das Grid – ein Gerüst aus Metall – welches einerseits Photovoltaik trägt und verschattete Bereiche schafft, andererseits als Rankgerüst für Pflanzen (Wilder Wein, Blauregen, etc.) dient.
Diversität und Transparenz
Die Neugestaltung der Hugenottenhalle schafft einen Raum, der Offenheit und Diversität lebt. Durch gezielte Eingriffe verwandelt sich die bestehende Struktur in ein transparentes Geflecht von Möglichkeiten. Das ursprüngliche Raster wird dabei zur Trägerin von Wandel und Begegnung, wo Räume fließend ineinander übergehen und Entfaltung zulassen. Eine lichtdurchlässige Fassade symbolisiert den Dialog zwischen Innen und Außen und lädt die Gemeinschaft ein, diesen Raum als ihren eigenen zu interpretieren und zu beleben.
Bestand und Ergänzung
Das Tragwerkskonzept setzt die gestalterische Idee der räumlichen Vielfalt des Gebäudekomplexes in Kombination mit höchstmöglicher Flexibilität in der Grundriss und Raumentwicklung unter der Anwendung konventioneller Baustoffe und Konstruktionsweisen um. Gleichzeitig werden mit einfachen Maßnahmen das wichtige Ziel einer ressourcenschonenden und emissionsarmen Primärkonstruktion verfolgt. Aufgrund der Regelmäßigkeit der Grundrisse kann das Stützenrasterüber die gesamte Gebäudeentwicklung (Geschosse) beibehalten werden, was daher weitestgehend frei von Abfangungen umsetzbar ist. Auch die Erweiterungen des Erdgeschosses und 1. Obergeschosses in südlicher und östlicher Richtung werden in dieser Logik vorgenommen. Die Aufstockung (2.OG) erfolgt hingegen mittels einer Holzkonstruktion.
Verknüpfen von Nutzungen
Die Neugestaltung der Hugenottenhalle setzt auf eine fließende Verknüpfung der verschiedenen Nutzungen. Statt klarer Grenzen gehen Bereiche harmonisch ineinander über und schaffen offene Übergänge, die zu Erkundung und vielseitiger Nutzung einladen. Ein zentrales Foyer fungiert als Verteiler und ermöglicht Zugang zu Saal, Bibliothek und Gastronomie, die auch außerhalb der Öffnungszeiten zugänglich bleibt. Im Erdgeschoss bleibt eine Verbindung zwischen den beiden Plätzen erhalten.
Der Saal, zentrales Element des Gebäudes, wird in seiner Geometrie und seinem Tragwerk belassen. Nach Süden zum Rosenauplatz ist der Saal erweiterbar. Hier sind verschiedene Spielarten – auch parallele Schaltungen von Veranstaltungen darstellbar. Eine Öffnung des Eventfoyers zum Rosenauplatz ist ebenerdig möglich; somit können Veranstaltungen auch die Beziehung innen – außen mit in die Konzeption einbeziehen.
Das städtische Wohnzimmer
Im 1. Obergeschoss verbinden sich die beiden Baukörper und es entsteht die auch jetzt schon vorhandene Möglichkeit des Übergangs von Saalbau zu Bibliothek.
Genau in diesem Bereich – der Schnittmenge zwischen den Funktionen – liegen die Gemeinschaftsbereiche mit offenen Nutzungsabschnitten (Café, Makerspace, Seminar, etc.). Sie bilden die Mitte des Hauses, sind Treffpunkt und Ausgangspunkt von Veranstaltungen in den Obergeschossen. Die Erweiterung im östlichen Teil schafft Möglichkeiten für flexibel anmietbare Tagungs- und Büroräume. Auch Coworking ist hier denkbar.
Regelhafter Stahlbetonskelettbau
Die Sanierung und Erweiterung der Hugenottenhalle geht von der bestehenden Grundkonstruktion des regelhaften Stahlbetonskelettbaus aus. Die gesamte Rohbaustruktur wird demzufolge erhalten, und wo erforderlich ertüchtigt.
Für das Gebäude wird somit ein Tragwerk in Hybridbauweise vorgeschlagen, um so größtmögliche Ökologie/Nachhaltigkeit in der Nutzung zu erlauben.
Fassade
Eine integrale Fassade: Sichtbarkeit – Schutz - Funktion.
Bei der Konzeption der Fassade wurde der ganzheitliche Anspruch an die Entwicklung eines energieeffizienten und nachhaltigen Gebäudes weitergedacht. Ein wesentlicher Aspekt war die Herausarbeitung der Charakteristik eines „Open House“ => ein offenes Haus für die Bürger der Stadt (Dritter Ort).
Demzufolge muss die Fassade eine Transparenz – möglichst nach allen Seiten – ausstrahlen, die eine Willkommensgeste darstellt. Ein der Nutzung angemessener Verglasungsanteil von 60% ist Ergebnis dieses Konzepts.